OTC-Industrie: Welche Vertriebskanäle sind wichtig?

Für die Hersteller von Self Care Produkten bleibt die Relevanz der stationären Apotheke ungebrochen. Zugleich steigt der Stellenwert der Versandapotheken.

Spectra Marktforschung fragte 2023 für die erstmals in Österreich durchgeführte Apothekenmarktstudie die österreichischen OTC Hersteller nach dem Stellenwert unterschiedlicher Vertriebskanäle aktuell und in drei Jahren.

Durchgeführt wurde die Apothekenmarktstudie nach dem Vorbild der Sempora-Studie in Deutschland. 38 IGEPHA Mitgliedsunternehmen nahmen daran teil. Befragt wurden auch Konsument:innen und Apotheken-Betreiber:innen.

Up and down bei den Vertriebskanälen

Wo werden sich Self Care Produkte künftig am besten verkaufen? Das sind die Einschätzungen der OTC-Industrie:

  • Einzelapotheken haben aktuell die höchste Relevanz als Vertriebskanal für OTC. Daran wird sich aus Sicht der Self Care Firmen auch in drei Jahren nichts geändert haben.
  • Der Versandhandel liegt aktuell auf Platz drei der Relevanz (hinter dem Großhandel), wird aber in drei Jahren mit den Einzelapotheken gleichauf gezogen haben.
  • Die Relevanz des Großhandels bleibt gleich und wird von den Beteiligungsapotheken (umgangssprachlich „Mehrbesitz“) und den Kooperationsapotheken (Rat & Tat, Team Santé…) überholt (künftig Platz drei und vier, Großhandel auf Platz fünf).
  • Stark ansteigen wird die Relevanz von Amazon. Dem Onlineriesen wird im OTC-Vertrieb aktuell eine „geringe“ Relevanz zugeschrieben. Mit einem Riesensprung nach vorne wird sich Amazon künftig bei den OTC-Herstellern jedenfalls einer „moderaten“ Relevanz erfreuen. Das bedeutet künftig Platz sieben (hinter dem Direktvertrieb durch Ärzt:innen).
  • Ebenfalls steigen wird nach Einschätzung der OTC-Industrie die Relevanz von anderen Online-Plattformen (künftig Platz sieben).
  • Auch die Relevanz der Drogeriemärkte wird, so die Prognose, steigen, allerdings auf Basis eines niedrigen Niveaus.
  • Als eher gering wird die Relevanz der Krankenhäuser, des Direktvertriebs, der Supermärkte, Pflegeheime und Sanitätshäuser eingeschätzt.

Entwicklungen am Apothekenmarkt

Vier Fünftel der befragten Hersteller erwarten, dass es künftig mehr Apothekenkooperationen geben wird, zwei Drittel sind der Meinung, dass neue nationale und internationale Versandhändler in den Medikamentenversand einsteigen werden.

92% der OTC-Hersteller gehen davon aus, dass der Großhandel vermehrt in seine Apothekenkooperationen investieren und den Mitgliedsapotheken über diese Kooperationen neue Services anbieten wird.

Drei Viertel der OTC-Hersteller rechnen weiters damit, dass Eigenmarken der Versandhändler Markenprodukte zunehmend ersetzen werden. 61% halten es für wahrscheinlich, dass Eigenmarken der stationären Apotheke Markenprodukte aus den Verkaufsregalen verdrängen werden.

Die wirtschaftliche Situation der OTC-Industrie

68% der Hersteller bezeichnen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als (sehr) gut. Mit einer Verbesserung der Performance in den nächsten zwölf Monaten rechnen 42%, nur 5% befürchten eine Verschlechterung.

47% der befragten Unternehmen betreiben eine Produktion in Österreich, zwei Drittel davon planen, die Produktion in Österreich in naher Zukunft auszubauen.

Die Rolle der Drogeriemärkte

Bislang dürfen in Österreich OTC-Arzneimittel in Drogeriemärkten nicht verkauft werden. In Deutschland und der Schweiz ist dies bereits möglich. 47% der im Rahmen der Apothekenmarktstudie befragten Hersteller halten es für sehr wahrscheinlich oder eher wahrscheinlich, dass in Zukunft auch in Österreich rezeptfreie Arzneimittel im Drogeriemarkt erhältlich sein werden. Fast ebenso viele, nämlich 43%, halten dies für (eher) unwahrscheinlich.

Ein Drittel der OTC-Hersteller würde den Verkauf von rezeptfreien Arzneimitteln in Drogeriemärkten als Risiko für das eigene Unternehmen sehen, ein Fünftel als Chance. Die anderen Hersteller stehen dem Thema neutral gegenüber.

Amazon als Player am Gesundheitsmarkt

Drei Viertel der OTC-Hersteller halten es für wahrscheinlich, dass sich Amazon in naher Zukunft als dominanter Player im Gesundheitsmarkt etablieren wird. 84% rechnen weiters damit, dass Amazon ein ernstzunehmendes Risiko für bestehende Versandapotheken darstellt.

Eine Mehrheit von 63% geht davon aus, dass Amazon verstärkt apothekenexklusive Produkte anbieten wird, und sogar 87% sagen, es sei wahrscheinlich, dass Amazon eine eigene NEM-Produktlinie auf den Markt bringen wird.

Die Möglichkeit, Produkte über Amazon zu verkaufen, sehen 37% der Hersteller als Chance, 26% als Risiko.

Ein Fünftel der OTC-Hersteller verkauft die eigenen Produkte schon jetzt über Amazon, 47% können sich das vorstellen. Ein Drittel der Hersteller hat eine Amazon-Strategie für die eigenen Marken oder plant eine solche.

Gute Zusammenarbeit mit Versandapotheken

47% der Hersteller arbeiten mit einer Versandapotheke zusammen, 18% mit zwei. Ein Fünftel verzichtet auf die Kooperation mit Versandapotheken.

43% der Hersteller sind mit der Zusammenarbeit mit Versandapotheken (sehr) zufrieden.

Am besten wird die Zusammenarbeit mit shop-apotheke.at bewertet: 69% der Hersteller vergeben ein „sehr gut“ oder „gut“. Shop-apotheke.at erhält damit eine Gesamtnote von 1,69. Dahinter reihen sich gurkerl.at (2,53), servusapotheke.at (2,6), vamida.at (2,78) und zurrose.at (3,06) ein.

Wie die Industrie zu Apothekenschulungen steht

Fast zwei Drittel der OTC-Hersteller beabsichtigen, künftig mehr Ressourcen in die Schulung von Apothekenpersonal zu investieren. Dabei wollen 47% vermehrt auf digitale Plattformen setzen.

Die eigene Marke in digitalen Medien

20% des Marketingbudgets investieren OTC-Hersteller in digitale Konzepte, Tendenz steigend. Neben dem Social Media Marketing sind dabei vor allem die Suchmaschinen-Optimierung (SEO), Google Ads und Pay-Per-Click-Werbung und Suchmaschinen-Marketing von Interesse. 45% setzen auf Bewerbung über Influencer:innen, 34% auf E-Mail-Marketing.

87% der Hersteller sind mit ihren OTC-Marken auf Social Media präsent. Die Mehrheit, nämlich jeweils 82%, nützt dafür Facebook und Instagram. 48% zeigen Videos über ihre Marken auf YouTube, 33% sprechen auf LinkedIn über ihre Produkte.