KI & Marktforschung: Wie Künstliche Intelligenz die Marktforschung revolutioniert

Künstliche Intelligenz (KI) ist allgegenwärtig, zumindest fühlt es sich aktuell so an. Man spricht davon, man informiert sich über den Einsatz von KI im Pharmamarketing und der/die eine oder andere wagt die ersten eigenen Schritte in der Verwendung von KI im Arbeitsalltag.

Es ist unumstritten – KI kann den Arbeitsalltag erheblich erleichtern. Sie hilft beim Recherchieren und beim Verfassen von Texten, bei der grafischen Umsetzung der Ideen und kann letztlich bei vielen weiteren Arbeitsprozessen unterstützend eingesetzt werden.

Und auch die Marktforschung profitiert vom Einsatz Künstlicher Intelligenz, und dadurch am Ende des Tages auch Sie als Auftraggeber von Marktforschungen.

Braucht es in Zeiten wie diesen eigentlich noch Marktforschung?

Als Marktforscherin sage ich hierzu natürlich ganz klar: JA. Aber auch der Blick von außen zeigt immer wieder, dass Marktforschung keine aussterbende Disziplin ist.

Denn Marktforschung ist längst mehr als reine Zahlen- und Datenlieferantin. Marktforschungen liefern Insights zu Zielgruppen und Customer Journey, zur Wahrnehmung von Unternehmen, Produkten oder Werbespots. Marktforschung setzt dort an, wo oberflächliches Wissen endet.

Der Vorteil durch KI: Die klassische Marktforschung wird durch KI sinnvoll revolutioniert.

Mit den nachfolgenden Ausführungen möchte ich Ihnen einen Einblick in ausgewählte Tools (abseits von ChatGPT) geben, die für die Marktforschung gut geeignet sind und auch von Marktforscher/innen gerne genutzt werden. Die Ausführungen sollen aber auch gerne zum Ausprobieren und Nachahmen anregen. Denn: Durch KI rückt die sogenannte Self-Mafo – also die Analyse von Sekundärdaten oder auch die Umsetzung eigener kompakter Befragungen bei ausgewählten Zielgruppen – immer stärker in den Vordergrund.

Wo KI in der Marktforschung zum Einsatz kommt

KI unterstützt den/die Marktforscher/in im gesamten Projektzyklus: Bei der Themenrecherche, für Ideen zur Fragebogengestaltung, bei der Datenerhebung, beim Datencleansing (damit ist die Identifikation von fehlerhaften, doppelten oder unvollständigen Datensätzen gemeint) und bei der Datenanalyse – und das sowohl im quantitativen als auch im qualitativen Bereich.

Vor allem die Analyse von qualitativen Interviews oder Gruppendiskussionen war bislang eine sehr zeitintensive Angelegenheit – angefangen von der Transkription der Gespräche, dem Lesen und Analysieren der Erkenntnisse und dem Zusammenfassen der Ergebnisse.

Tools, die künstliche Intelligenz nutzen, können hier den/die Forscher/in ideal unterstützen. Gespräche können binnen kürzester Zeit transkribiert (Achtung: die Herausforderung ist jedoch der Dialekt!) und erste Erkenntnisse mittels KI zusammengefasst werden. Die Zeitersparnis ist dabei beträchtlich, erledigen die Tools doch binnen weniger Minuten das, was zuvor in mühsamer Handarbeit mehrere Stunden benötigte.

Zwei Tools sind im Bereich der qualitativen Marktforschung hervorzuheben:

logo maxda

Das ist einerseits MaxQDA (https://www.maxqda.com/) – ein Tool zur Transkription, zum Codieren und zur Datenanalyse von Einzelinterviews oder Fokusgruppen mittels Text- und Wortfrequenzsuche. MaxQDA kann aber genauso zur Literaturanalyse eingesetzt werden. bild maxda

Die Verbindung von Bild, Wort und Text mittels Zeitstempeln erleichtert die Analyse von qualitativen Daten ungemein. Die KI von MaxQDA analysiert, gruppiert und organisiert die Daten, sodass der/die Forscher/in eine ideale Basis für weiterführende Analysen hat.
(Bildverweis: https://www.maxqda.com/de/interview-transkription)

logo tucan

Als weiteres Tool für qualitative Daten sei tucan.ai (https://www.tucan.ai/) angeführt – das im Vergleich zu MaxQDA noch weiter geht und auf KI-gestützte Effizienzsteigerung fokussiert. Tucan.ai möchte als der Allrounder in der KI-gestützten Analyse auftreten. Das Tool kann sowohl für qualitative als auch für quantitative Daten verwendet werden.

Im qualitativen Setting erledigt tucan.ai sowohl die Transkription als auch die Analyse von Interviews und Gruppendiskussionen oder die Analyse/Zusammenfassung von Meetings, Verträgen oder ähnlichem. KI ist bei tucan.ai Programm: Der Vorteil im Vergleich zu MaxQDA ist, dass die verschiedenen Analysetools bereits integriert sind, während bei MaxQDA einzelne Tools als Add On gesondert erworben werden müssen.

Für beide Tools gilt: Sie sind extrem leistungsstark und unterstützen den/die Forscher/in auf vielfältigen Ebenen. Beide Tools bieten hohe Datensicherheit, können doch beide lokal auf den eigenen Servern verwendet werden.

Wer jetzt denkt, dass sich der/die Marktforscher/in durch den Einsatz von KI nur mehr zurücklegen muss und die KI arbeiten lassen kann, der wird leider enttäuscht. Denn KI Tools unterstützen zwar, können jedoch Zusammenhänge, Rückschlüsse und Ableitungen aus den Daten und Erkenntnissen nicht so ziehen, wie es ein/e erfahrene/r Forscher/in mit Branchenwissen kann. Ein Stück Handarbeit bleibt also immer zu tun. Und die beginnt zumeist beim Transkript, denn eine Überprüfung des automatisierten, durch KI generierten Transkripts ist ein erster wichtiger Schritt für die darauffolgende KI-gestützte Datenanalyse – besonders bei uns in Österreich (Stichwort: Dialekt/Mundart). Die KI ist ideal dafür geeignet, qualitative Antworten zu clustern und ggfs. erste Ableitungen daraus zu generieren. Deren Bewertung und Rückschlüsse bleiben dem/der Forscher/in überlassen.

Werfen wir auch noch einen Blick auf die quantitative Marktforschung. Hier unterstützt KI – vergleichbar zum qualitativen Setting – bei der Datenerhebung, der Beurteilung der Datenqualität sowie bei der Auswertung.

Das Herzstück jeder Marktforschung sind qualitativ hochwertige Daten. Und in Zeiten, in denen quantitative Befragungen zunehmend (oder beinahe ausschließlich) durch Onlinebefragungen erhoben werden, ist es von allerhöchster Bedeutung, dem Thema Datenqualität einen großen Stellenwert zuzuschreiben.

logo redem

Das Tool von ReDem (https://redem.io/) hebt sich zur Überprüfung der Datenqualität hervor, das mittels Einsatz von KI fehlerhafte/inkonsistente Datensätze oder Interviews, die Ausreißer enthalten oder vielleicht sogar mittels KI-Bots generiert wurden (ja – auch so etwas kommt vor), identifiziert. ReDem kann als stand-alone Tool verwendet werden, in dem die Daten nach der Erhebung importiert, überprüft und wieder exportiert werden, oder aber auch als Echtzeit-Anwendung durch direkte Anbindung an die Umfragesoftware. Dadurch können fehlerhafte Datensätze sofort identifiziert und ggfs. ausgeschlossen und nachrekrutiert werden.

Bei der Datenerhebung selbst setzt die Marktforschung für bestimmte Fragestellungen und Erhebungstechniken ebenso auf KI. Das mag im ersten Moment irritierend klingen – schließlich wollen wir ja Apotheker/innen, Ärzt/innen und Konsument/innen befragen – offenbart sich bei genauerer Betrachtung jedoch als höchst innovativ. Denn durch den Einsatz von KI können für bestimmte Themen oftmals viel bessere Ergebnisse generiert werden, als mit der klassischen Befragung alleine.

logo tawny

Ein hervorragender Anwendungsfall zeigt sich bei TV-Spot-Testungen. Wir verwenden dazu das KI-basierte Tool von Tawny (https://www.tawny.ai/) zur Messung von Emotionen beim Betrachten von Werbespots.

Bei einem klassischen Werbespottest wird den Probanden online der Werbespot gezeigt. Im Anschluss werden die Teilnehmer/innen gebeten, den Spot hinsichtlich Likes/Dislikes, Main Message und Brand Fit zu bewerten. Durch den Einsatz von Tawny wird das Feedback auf den TV-Spot auf das next level gebracht: Denn im Zuge der Online-Befragung wird der/die Interviewte über die Kamera des Laptops beim Betrachten des Werbespots gefilmt. Selbst kleinste Reaktionen der Mimik können über die KI im Gesicht des/der Betrachters/in gemessen und interpretiert werden. Das Resultat: Eine implizite Messung von Emotionen im Zeitverlauf des Werbespots und dadurch die Möglichkeit, auf Potenziale und Modifizierungsbedarf im Werbespot hinzuweisen, die nicht alleine auf explizite Angaben der Befragungsteilnehmer/innen, sondern zusätzlich auf tatsächlichen Reaktionen basieren. Das KI-Tool wird also ergänzend – aber nicht ausschließlich – bei der Werbespottestung eingesetzt. bild tawny

Zu empfehlen ist hierbei, dass die Testung idealerweise nicht erst beim fertigen Werbespot erfolgen sollte, sondern wenn möglich bereits während der Kampagnenentwicklung, um frühzeitig adaptieren zu können.

Nach erfolgreicher Datenerhebung und einem ausführlichen quality check werden die quantitativen Daten analysiert und ausgewertet. Und auch hier unterstützt KI: Einerseits bei der Analyse und Clusterung offener Angaben (wie Markennennungen, Verwendungsgründe oä.) und andererseits bei der Auswertung und Aufbereitung der erhobenen Daten.

logo caplena

Vergleichbar zu den eben dargestellten Tools für die qualitative Datenanalyse, werden im quantitativen Setting offene Nennungen mittels Textanalyse-KIs geclustert und codiert. Hierzu stehen verschiedene Tools zur Verfügung, als Beispiel seien hier Caplena (https://caplena.com/de/) oder Licili (https://www.licili.de/) angeführt, neben dem bereits erwähnten Tool tucan.ai.

All diese Tools haben eines gemeinsam: Die Aufgaben des/der Forschers/in ändern sich durch den Einsatz der KI bei der Analyse offener Antworten in quantitativen Befragungen. Es geht weniger darum, die Cluster selbst zu finden, sondern vielmehr darum, die von der KI gefundenen Cluster zu beurteilen und zu verfeinern. Sind die Gruppen erst im Zusammenspiel durch Mensch und Maschine definiert, übernimmt die KI die Arbeit und ordnet die offenen Antworten den Gruppen/Codes binnen weniger Minuten zu.

Und schließlich sei dann noch die Auswertung der quantitativen Mafo-Daten und die Darstellung der Ergebnisse angeführt. Hier steht wiederum eine Reihe verschiedener Tools zur Verfügung. Angefangen von einfachen Berechnungen, die selbst über ChatGPT durchgeführt werden können bzw. bei denen ChatGPT durch Formelwissen in Excel unterstützen kann. Bis hin zu leistungsstarken KI-Lösungen, wie Tableau oder Forsta, die große Datenmengen bearbeiten und daraus Tabellenbände, Dashboards und Reports erstellen. Die Bandbreite ist groß und eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den Lösungen der zur Verfügung stehenden Tools ist zu empfehlen, um für sich selbst bzw. das eigene Self-Mafo-Projekt das richtige Tool zu wählen. Wir Marktforscher/innen setzen hier auf die Kombination unseres eigenen Know-Hows und die Unterstützung von Dashboard-Tools, um große Datenmengen oder Mehrländerstudien effizient bearbeiten und visualisieren zu können.

KI & Marktforschung: Ein kurzfristiger Trend oder ist KI gekommen, um zu bleiben?

Die Branche ist sich sicher: Wir sprechen hier nicht nur von einem vorübergehenden Trend. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz für Markforschung setzt einen grundlegenden Wandel in Gang, der sich zunehmend weiterentwickeln und eine immer wichtigere Rolle für die Datenanalyse spielen wird. Immer größere und komplexere Datenmengen werden zukünftig in immer kürzerer Zeit analysiert werden können. Es birgt jedoch auch die Gefahr des achtlosen Umgangs mit der wertvollen Ressource „Daten“. Auch wenn KI die Arbeitsweise revolutioniert, das Datenmaterial selbst – nämlich die Antworten und Rückmeldungen der Kund/innen – sind ein sensibles Gut, das auch genauso behandelt werden sollte. Dem Datenschutz muss Rechnung getragen werden und daher kommt der Ressource „Mensch“ eine wesentliche Rolle zu, die auch in Zukunft bestehen bleiben wird: Nämlich die qualitative Bewertung der durch KI erlangten Informationen und Analysen.

Und wie kann nun die Self Care Branche vom Einsatz der KI bei Mafo-Projekten profitieren?

Genauso wie jede andere Branche und vergleichbare Disziplinen auch: Durch eine effizientere Arbeitsweise des/der Marktforschers/in können Kosten und Zeit eingespart werden. Gleichzeitig kann sich der/die Forscher/in intensiv den qualitativen Insights und deren Interpretation, sowie Querverweisen zu anderen Indikationen/Branchen/Produkten widmen.