Frische Impulse durch Switches

Rezeptfrei verfügbare Arzneimittel spielen bei der Self Care eine wichtige Rolle. Stehen mehr Präparate ohne Arztkonsultation bereit, so kann das den Alltag kranker Menschen ungemein erleichtern. Dementsprechend groß ist das Interesse an „Switches“. Eine Autorengruppe hat dazu interessante neue Überlegungen angestellt…

2018 widmete die IGEPHA dem Thema Switch einen Schwerpunkt und ließ die Potenziale und Chancen von OTC-Switches in Österreich von Cosima Bauer, M.A., und Prof. Dr. Uwe May unter Mitwirkung von Dr. Christoph Baumgärtel (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen) wissenschaftlich beleuchten.

Die von der IGEPHA geförderte Grundlagenarbeit zur Belebung der Switch-Aktivitäten trug nun neue Früchte.

Was ist ein Switch?

Unter „Switch“ versteht man die Verschiebung eines Arzneimittels oder Wirkstoffs vom rezeptpflichtigen ins rezeptfreie Segment. In Österreich entscheiden darüber das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bzw. die Rezeptpflichtkommission.

Jetzt haben Cosima Bauer und Uwe May den Faden ihrer Switch-Forschung wieder aufgegriffen und in einer aktuellen Publikation wichtige Argumente für sogenannte innovative Switches geliefert.

Veröffentlicht wurde der Beitrag unter dem Titel „Socioeconomic Considerations in Choosing and Evaluating Candidates for Rx-to-OTC Switch“ im Journal „Self Care“.

Österreich hat Aufholbedarf

Aus Sicht der IGEPHA enthält die Publikation hochrelevante Empfehlungen für das österreichische Gesundheitssystem, das von einer vergleichsweise geringen Zahl rezeptfrei verfügbarer Arzneimittel geprägt ist. In der erwähnten Studie über OTC-Switches in Österreich ist sogar von „Substanzlücken“ die Rede.

Innovative Switches würden zusätzliche Anwendungsbereiche oder Teilindikationen einer Selbstbehandlung zugänglich machen. Davon könnten beispielsweise Menschen profitieren, die unter chronischen Erkrankungen leiden.

Rascher Zugang zur Behandlung

Gleichzeitig wird das Gesundheitssystem entlastet, weil weniger Arztbesuche anfallen. Der niedrigschwellige Zugang, der durch rezeptfreie Arzneimittel eröffnet wird, verkürzt die Zeit bis zum Beginn einer effektiven Behandlung.

Wird schneller mit einer Behandlung begonnen, so tritt die Gesundung früher ein. Berufstätige kehren rascher aus dem Krankenstand in den Job zurück – auch das ist ein erfreulicher Effekt der Self Care!

Die Verfügbarkeit von rezeptfreien Arzneimitteln und Wirkstoffen ist nicht in allen Ländern gleich. Deutschland, die Schweiz, Italien und Frankreich liegen beispielsweise bei der Anzahl der verfügbaren OTC-Wirkstoffe vor Österreich, wie May und Bauer in der Studie „Potenziale und Chancen von OTC-Switches in Österreich“ zeigen konnten.

Switch-Tempo sank

In ihrem Beitrag im Journal „Self Care“ verweisen die Autoren nunmehr darauf, dass die Switch-Aktivitäten weltweit stagnieren. So wurden in Deutschland zwischen 1990 und 2000 36 Switches durchgeführt, zwischen 2006 und 2015 aber nur sieben.

Das könnte daran liegen, so die Autoren, dass die Mehrzahl offenkundig gut geeigneter Wirkstoffe mittlerweile geswitcht wurde. Dabei handle es sich vor allem um Medikamente, mit denen kurzfristig auftretende akute Gesundheitsbeschwerden ohne großes Risiko selbst behandelt werden können.

Visionäre Ansätze für bessere Self Care

Nun könnte es darum gehen, ein neues Kapitel aufzuschlagen, und mit innovativen Switches Mut zum Fortschritt zu beweisen. Mit innovativen Switches könnten, so die Autoren, rezeptfreie Arzneimittel zum Management von chronischen Erkrankungen bereitgestellt werden, z. B. zur Linderung von Migräne, zur Regulierung der Cholesterinwerte, zur Behandlung von erektiler Dysfunktion oder von Herzleiden.

Ein neuer Ansatz, den das Autorenteam in seinem Artikel beschreibt, könnte helfen, die Potenziale von innovativen Switches zu bewerten. Man müsste, so die Wissenschaftler, auch Risiken einbeziehen, die genau deshalb entstehen, weil ein Medikament nicht rezeptfrei zur Verfügung steht.

Rezeptpflicht schränkt Zugänglichkeit ein

So könnten sich Erkrankte angesichts der Hürden eines Arztbesuchs zum Zweck der Ausstellung eines Rezepts dafür entscheiden, gar nichts zur Linderung ihres Leidens zu unternehmen. Und dieser Verzicht auf eine wirksame Behandlung kann enorme individuelle und sozioökonomische Folgen haben.

Ebenso treibt die Hürde der Rezeptpflicht so manchen Konsumenten in die Fänge von Arzneimittelfälschern, indem sie Präparate am Schwarzmarkt oder von zwielichtigen Onlineanbietern beziehen.

Detailliert beschreiben die Autoren ihre Empfehlungen für einen neuen Ansatz bei der Beurteilung innovativer Switches in ihrer Publikation „Socioeconomic Considerations in Choosing and Evaluating Candidates for Rx-to-OTC Switch“, die als Online-Veröffentlichung im Volltext frei und kostenlos zugänglich ist:

Socioeconomic Considerations in Choosing and Evaluating Candidates for RX-to-OTC Switch – Selfcare Journal

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und danke May und Bauer für den Hinweis auf die gelungene Fortsetzung der von der IGEPHA geförderten Grundlagenforschung zum Thema Switch.