5 Krisen-Typen und ihr Gesundheitskonsum

Von der Corona-Krise kippte das Land nahtlos in die Energie-, Klima- und Teuerungskrise. Aber nicht jeder reagiert auf dieselbe Weise auf die Herausforderungen. Spectra Marktforschung identifizierte fünf Krisen-Typen und fand heraus, worin sich diese Typen in ihren Gesundheitseinkäufen unterscheiden.

1.753 Österreicher:innen aus dem Austrian Onlinepool wurden zum Jahreswechsel 2022/2023 zu ihrem persönlichen Umgang mit der Krise und zu ihrem Verhalten in Bezug auf Gesundheitsthemen befragt.

Es stellte sich heraus, dass die Menschen auf die Probleme und Herausforderungen der Zeit ganz unterschiedlich reagieren. Fünf Krisen-Typen konnten identifiziert werden.

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Abbildung: Die fünf Krisen-Typen und ihre Merkmale. Grafik: Spectra Marktforschung

Krisen-Typen 1 und 2: „Weiter so!“ und „Anpasser“

Etwa die Hälfte (48%) der Österreicher:innen kann ohne Veränderungen („Weiter so!“) oder mit nur wenigen, meist schmerzlosen Anpassungen („Anpasser“) ihren Lebensstil wie vor dem März 2020 weiterführen.

Krisen-Typ 3: „Zurückhaltende“

Ein Fünftel (21%) der Bevölkerung beschreiben die Forscher als die „Zurückhaltenden“. „Wir sehen, dass sich diese Gruppe in allen analysierten Perspektiven im Sinne ihres Namens zurückhaltender verhält. Einschränkung wird hier zur Strategie“, erklärt Spectra Geschäftsführer Peter Bruckmüller.

Krisen-Typ 4: „Die Unsicheren“

Einer vierten Gruppe gehört ein knappes Drittel der Bevölkerung (31%) an. Die „Unsicheren“ legen ein ambivalentes Verhalten an den Tag. Einerseits konsumieren sie, wie wenn nichts passiert wäre, andererseits fürchten sich 7 von 10 aus dieser Gruppe vor einem Verlust ihres Arbeitsplatzes.

Krisen-Typ 5: „Die Verlierer“

Die „Verlierer (20%) runden diese Typologie ab, denn 9 von 10 aus dieser Gruppe sagen, dass sie sich bestimmte Produkte nicht mehr leisten können.

Jeder Krisen-Typ möchte selbstwirksam bleiben

Krisen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie unseren Handlungsspielraum verändern oder einschränken. Jeder Krisen-Typus versucht nun, ausreichend Selbstwirksamkeit zu erzeugen, um die Krisen bestmöglich bewältigen zu können.

Bei der Gruppe „Weiter so!“ zeigt sich, so das Forscherteam, diese Selbstwirksamkeit in der Trennung zwischen der Außenwelt und der persönlichen Innenwelt. Die Erkenntnis, dass sich die Außenwelt gerade verändert, kompensiert dieser Typ mit einer „business as usual“ (wie vor 2020) Haltung.

Bei den „Anpassern“ erfolgt das Krisenmanagement durch eine verstärkte Ausgabenkontrolle, die durch ein Übersteuern finanzielle Freiräume schafft.

„Verlierer“ erzeugen ihre Selbstwirksamkeit durch den Ruf nach einer besseren Unterstützung durch den Staat.

Wie wirken sich die aktuellen Krisen auf den Konsum aus?

Spectra ging auch der Frage nach, ob und wie die Krisen-Typen ihr Konsumverhalten geändert haben.

Und dabei zeigte sich, dass 55% der Österreicher:innen sparsamer mit dem eigenen Geld umgehen, und zwar Frauen (59%) noch vorsichtiger als Männer (53%). Das Alter hat hingegen keinen Effekt auf das Sparverhalten.

Hinsichtlich der Krisen-Typen verhalten sich „Verlierer“ (87% gaben an, sparsamer mit dem Geld umzugehen) beim Konsum besonders zurückhaltend. „Anpasser“ (78%) und „Unsichere“ (66%) steigen ebenfalls auf die Konsumbremse. In der Gruppe der „Weiter so!“ achtet ein Fünftel auf sein Ausgabeverhalten, während ein Viertel eher mehr Geld ausgibt.

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Krise als Turbo im Gesundheitskonsum?

Während die Gruppe der „Weiter so!“ bei sämtlichen Gesundheitsprodukten zu den eher zurückhaltenden Käufern zählt, sind es vor allem die „Unsicheren“, die Gesundheitsprodukte deutlich häufiger konsumieren, und zwar sowohl im Online-Handel als auch in der Apotheke. Dies korrespondiert mit der Grundhaltung der Unsicheren, die dem Konsum in ihrem Leben einen wichtigen Stellenwert geben.

Im Vergleich dazu konsumieren die „Verlierer“ Kosmetikprodukte aus der Apotheke signifikant seltener, dagegen NEM aus dem Drogeriemarkt signifikant häufiger.

Insgesamt gaben 97% der Befragten an, Drogeriewaren kaufen, egal ob bei dm, Bipa, Müller oder einer anderen Drogerie. 51% kauften im letzten Jahr NEM (Nahrungsergänzungsmittel) in Apotheken, 39% bezogen Kosmetikprodukte aus der Apotheke.

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2023 wird der Gürtel enger geschnallt

Um die Konsumentwicklung zu quantifizieren, baten die Forscher von Spectra die Befragten, ihr Konsumverhalten für die nächsten 12 Monate – also das Jahr 2023 – im Vergleich zu den letzten 12 Monaten einzuschätzen. Als Indikator für die zukünftige Konsumentwicklung diente der Saldo zwischen „kaufe viel häufiger oder häufiger“, im Vergleich zu „kaufe seltener oder viel seltener ein“.

Und es zeigt sich: Die Österreicher:innen schnallen den Gürtel enger, und das sogar bei Produkten des Grundbedarfs, wie es Drogeriewaren zum größten Teil sind. Hier ergab die Prognose ein Minus von 19 Prozentpunkten!

Drastischer Sparkurs bei Gesundheitsprodukten

Die deutlichste Konsumveränderung ist bei den „Verlierern“ erkennbar: Die bisherigen Käufer aus dem Segment der Verlierer schränken sich bei Gesundheitsprodukten drastisch ein, sodass sogar 65% jener Käufer, die der Gruppe der „Verlierer“ angehören und bislang Kosmetikprodukte aus der Apotheke gekauft haben, im heurigen Jahr auf den Kauf solcher Produkte verzichten wollen.

Die „Anpasser“ sind jene, die am selektivsten vorgehen: Selbstwirksamkeit wird nicht durch die reine Konsumeinschränkung, sondern durch den Shift hin zu kostengünstigeren Alternativen erlangt. Dies zeigt sich anhand der deutlicheren Konsumkontrolle bei Apothekenprodukten und einer moderaten Zurückhaltung bei Drogeriewaren und NEM aus dem Drogeriemarkt.

Das stabilste Konsumverhalten zeigt die Gruppe der „Weiter so!“, die ihr Konsumverhalten kaum anpasst.

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Fazit: Die Krise betrifft uns alle

Während die einen durch deutliche Konsumkontrolle den Herausforderungen begegnen und dadurch Selbstwirksamkeit erlangen („Anpasser“, „Verlierer“), versuchen die anderen („Weiter so!“, „Unsichere“) durch überschaubare bis wenig Konsumkontrolle der Krise zu begegnen.

Was bedeuten diese Erkenntnisse nun für die Gesundheitsbranche?

Nicht apothekenpflichtige Produkte wie Kosmetik werden in Apotheken weniger nachgefragt werden als noch im vergangenen Jahr. Die zusätzliche Bedrohung der stationären Apotheken durch Online-Apotheken oder Amazon ist mit geringerer Relevanz zu bewerten, denn selbst Online-Anbieter werden ein differenziertes Kaufverhalten in der Käuferschaft bemerken.

Sowohl für Apotheken als auch Anbieter von Gesundheitsleistungen empfiehlt es sich, die Augen offen zu halten, um Kundenverhalten und Kundenerwartungen gleichermaßen zu verstehen und die eigenen Angebote auch kurzfristig neu ausrichten zu können.