Medizinprodukte für Self Care: große Herausforderungen

Nasensprays, Lutschtabletten, Pflaster: Medizinprodukte sind in der Self Care omnipräsent. Die beliebte Produktkategorie steht allerdings vor massiven Herausforderungen bei der Umsetzung der MDR.

Erstmals beleuchtete IQVIA in Zusammenarbeit mit der AESGP, der europäischen Dachorganisation der Self Care Industrie, das Segment der freiverkäuflich erhältlichen Medizinprodukte und veröffentlichte die Studienergebnisse in dem White Paper „Dynamics of Self-Care Medical Devices in Europe – An IQVIA Consumer Health Quickview” (Autoren: Matt Stewart, Oliver Hartmann, Dr. Volker Spitzer).

Die weit verbreitete Produktkategorie der Medizinprodukte wird in der Self Care zum Beispiel bei der Behandlung häufiger Beschwerden wie Erkältungen, Hautreizungen und Bauchschmerzen, sowie zur Empfängnisverhütung eingesetzt. Produktbeispiele für Medizinprodukte, die in der Self Care verwendet werden, sind Pflaster, Kondome, Salzwasser-Nasensprays, befeuchtende Augentropfen, Hautcremes und vieles mehr.

IQVIA berechnete, dass Medizinprodukte in den Kategorien OTC, Patientenpflege (PAC), Körperpflege (PEC) und Ernährung 40% des Umsatzes und 43% der Produktneueinführungen im gesamten europäischen Verbrauchergesundheitsmarkt ausmachten, der insgesamt 75,2 Millionen Euro wert ist (Zahlen aus dem Jahr 2022). Das Segment der Medizinprodukte verzeichnete 2022 ein Volumenwachstum von 21,3%.

In Österreich trug laut der IQVIA-Studie der Verkauf von Medizinprodukten zur Self Care mit 28,1% zum Absatz und mit 23,2% zum Umsatz im Verbrauchergesundheitsmarkt bei (Zahlen von basierend auf Q3/2022). Für 2023 bezifferte IQVIA den Medizinprodukteanteil am österreichischen Apothekenmarkt mit 22% (Absatz Einheiten) bzw. 17,2% (Umsatz).

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IQVIA stellte auch die Absatzzahlen für Medizinprodukte in den Bereichen Patientenversorgung, OTC und Körperpflege dar.

Für ganz Europa zeigt sich dabei Folgendes:

  • Im Bereich Patientenversorgung sorgten Corona- und Glukosemesstests für den größten Anteil an den verkauften Medizinproduktepackungen. 70% der Self Care Medizinprodukte entfallen auf den Bereich Patientenversorgung.
  • Bei den OTC-Medizinprodukten waren Produkte für die Behandlung von Augen und für die Linderung von Husten, Erkältungen und Atemwegserkrankungen führend. 27% der abgesetzten Self Care Medizinprodukte entfallen auf den Bereich OTC, der zum Beispiel Nasensprays mit Kochsalzlösung oder Lutschtabletten gegen Halsschmerzen umfasst.
  • Im Bereich Körperpflege werden nur 3% der Self Care Medizinprodukte abgesetzt. Hier gehen unter anderem Produkte zur Intimhygiene oder Zahnprothesenprodukte über den Ladentisch.

Der Anteil der Self Care Medizinprodukte am gesamten Verbrauchergesundheitsmarkt ist quer durch Europa unterschiedlich. So ist in Spanien jedes zweite Produkt dem Segment der Self Care Medizinprodukte zuzuordnen, während es in Ungarn und Rumänien nur zirka 11% sind.

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Medizinprodukte für die Self Care leisten somit einen zwar regional unterschiedlichen, insgesamt aber hochrelevanten Beitrag zur Gesundheitsversorgung der europäischen Bevölkerung. Die seit 2021 gültige europäische Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) droht aber diese etablierte und beliebte Produktkategorie ins Schwanken zu bringen.

Die benannten Stellen kämpfen mit Engpässen bei der Überführung von Produktzertifikaten ins neue Regelwerk. „Insgesamt wurden nach dem bisherigen Rechtsrahmen mehr als 24.000 Zertifikate ausgestellt, die in die MDR überführt werden müssen“, heißt es in der IQVIA-Studie. Bis Ende Juni 2023 waren von den Herstellern rund 13.000 MDR-Anträge eingereicht, aber nur 3.900 Zertifikate ausgestellt worden. Es könne zwischen einem und zwei Jahren dauern, bis ein MDR-Zertifikat ausgestellt werde. Auch herrsche seitens der Hersteller Unsicherheit, was die Erwartungen der benannten Stellen hinsichtlich der technischen Dokumentation im Vorfeld einer Konformitätsbewertung für Medizinprodukte betrifft, kritisiert IQVIA.

Engpässe bei Versorgung befürchtet

Zu befürchten seien Versorgungsengpässe am Self Care Medizinproduktemarkt. Gefordert wird eine klar strukturierte Kommunikation zwischen den benannten Stellen und den Herstellern vor und während des Konformitätsbewertungsprozesses, um die Abläufe effizienter und besser vorhersehbar zu gestalten. Es sei derzeit für Hersteller auch oft nicht klar, mit welchen Kosten sie rechnen müssen, wenn sie um eine behördliche Genehmigung ansuchen.

Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der MDR lassen befürchten, dass sich der Stellenwert des Self Care Medizinproduktemarktes verringern könnte. Eine Straffung des Zertifizierungsprozesses und ein transparenter Übergang zur MDR sei erforderlich, so IQVIA, um angemessene regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen.

Lassen sich diese Herausforderungen bewältigen, so stehe einer weiteren positiven Entwicklung des Self Care Medizinproduktemarktes nichts mehr entgegen. Wichtig sei es, einen schnellen Marktzugang für neue Produkte zu gewährleisten und insgesamt die Rolle der freiverkäuflichen Medizinprodukte bei der Unterstützung der Gesundheit und des Wohlbefindens der europäischen Bevölkerung zu stärken.

IGEPHA unterstützt Medizinprodukte-Hersteller

Wenn Sie mehr über die MDR und die Auswirkungen auf Medizinprodukte erfahren wollen, dann kontaktieren Sie mich: office@igepha.at. Die IGEPHA unterstützt Hersteller von Self Care Produkten aus unterschiedlichen Segmenten, darunter auch im Bereich Medizinprodukte.

Link zum White Paper “Dynamics of Self-Care Medical Devices in Europe”.