Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR): neue Herausforderungen für die OTC-Branche

Am 8. Mai 2025 fand im Rahmen unseres IGEPHA Online-Regulatory-Updates eine vielbeachtete Fachveranstaltung zur neuen EU-Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation, kurz PPWR) statt. Die rege Teilnahme zeigte, wie groß das Informationsbedürfnis in der Branche ist. Der Vortrag steht auf Wunsch gerne in der IGEPHA Videothek zur Verfügung – bei Interesse hier bestellen (für IGEPHA Mitglieder kostenlos).

Die PPWR markiert einen bedeutenden Umbruch für alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette – von der Verpackungsentwicklung über Inverkehrbringer bis hin zum Recycling. Am 22. Januar 2025 im EU-Amtsblatt veröffentlicht, ist sie seit 14. Februar 2025 in Kraft. Die Übergangsfrist endet am 12. August 2026 – dann wird es ernst.

Warum eine neue Verordnung?

Die PPWR ist Teil des Green Deals und der Circular Economy-Strategie der EU. Sie zielt darauf ab, Verpackungsabfälle zu reduzieren, Rezyklatkreisläufe zu stärken und umweltschädliche Materialien wie PFAS zu verbannen. Die Dringlichkeit ist hoch: Kunststoffverpackungen verursachen in Europa jährlich rund 193 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente – mehr als der gesamte Ausstoß Belgiens. Gleichzeitig werden nur rund 32,5 % aller Kunststoffverpackungen tatsächlich recycelt.

Wer ist betroffen?

Die Verordnung gilt grundsätzlich für alle Verpackungen – unabhängig davon, ob sie aus Papier, Kunststoff, Glas oder Metall bestehen. Die OTC-Branche ist also mit ihren Produktgruppen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), Arzneimittel, Medizinprodukte und Arzneimittel stark betroffen.

Zentrale Anforderungen – und was sie bedeuten

  1. Recyclingfähigkeit (§6 PPWR):
  • Ab 2030 müssen Verpackungen zu mindestens 70 % recyclingfähig sein – ab 2035 sogar 80 %.
  • Es gilt eine Performance-Klassifizierung: Nur Verpackungen der Klassen A–C dürfen in Verkehr gebracht werden; Verpackungen unter 70 % Recyclingfähigkeit sind ab 2030 verboten.
  • Für OTC-Verpackungen bedeutet das: Designoptimierungen sind dringend erforderlich – etwa bei Sleeves, Farbstoffen oder mehrschichtigen Blistern.
  • Medizinprodukte & Arzneimittel sind bis auf weiteres von diesen Erfordernissen ausgenommen.
  1. Rezyklatgehalt in Kunststoffverpackungen (§7 PPWR):
  • Ab 2030: Mindestrezyklatanteil von 10–35 %, je nach Material und Sensitivität; bis 2040 steigt dies auf 25–65 %.
  • Primärverpackungen von Arzneimitteln und Medizinprodukte sind bis auf weiteres ausgenommen – Doch diese Ausnahmen werden bis 2035 überprüft und könnten entfallen.
  1. Materialverbote (§5 PPWR):
  • PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind ab 2026 in Lebensmittelverpackungen verboten – mit strengen Grenzwerten.
  1. Minimierung von Verpackungen (§10, §24 PPWR):
  • Verpackungen müssen ab 2030 auf das Mindestmaß in Gewicht und Volumen reduziert werden. Ein Leerraum von über 50 % ist unzulässig. Diese Vorschrift gilt auch für Arzneimittelverpackungen.
  1. Kennzeichnung und Dokumentationspflicht (§§12, 15 PPWR):
  • Verpackungen müssen gekennzeichnet sein und Konformitätsbescheinigungen aufweisen. Unternehmen sollen dadurch transparent dokumentieren, dass ihre Verpackungen den Vorschriften entsprechen – ein erheblicher bürokratischer Aufwand, der vor allem kleinere Betriebe stark belastet.

Was bedeutet das konkret für die OTC-Branche?

Zwar sieht die PPWR derzeit befristete Ausnahmen für Arzneimittel- und Medizinprodukteverpackungen vor – insbesondere, wenn Produktschutz oder Patientensicherheit gefährdet wären. Doch diese Ausnahmen sind aktuell noch nicht dauerhaft gesetzlich verankert. Die Kommission wird in Zukunft noch prüfen, ob auch diese Verpackungen verpflichtend recyclingfähig und rezyklathaltig sein müssen.

Beispiele aus der Praxis zeigen: Viele aktuelle Verpackungslösungen wie PET-Blister mit Aluminium, bedruckte Sleeves oder kleine Stickpacks fallen aktuell durch. Sie sind entweder nicht detektierbar, enthalten Störstoffe oder lassen sich in Sortieranlagen nicht trennen.

Fazit: PPWR ist da – und sie kommt nicht mit Samthandschuhen

Die neue Verordnung ist kein Zukunftsthema mehr, sondern bereits geltendes EU-Recht. Auch wenn pharmazeutische Primärverpackungen aktuell noch unter bestimmten Ausnahmeregelungen stehen, bietet sich jetzt die Chance, Verpackungen frühzeitig zu analysieren, recyclinggerecht weiterzuentwickeln und mögliche Rezyklatlösungen zu prüfen. Die Umsetzung im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel könnte dabei als Vorbild für spätere Anforderungen im Arzneimittelbereich dienen. Ein proaktiver Zugang schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern unterstreicht auch das nachhaltige Engagement eines Unternehmens.