Mikroplastik in Kosmetik: teurer Ausstieg

Die EU plant eine Beschränkung von Mikroplastik. Umweltschützern geht die Umsetzung zu langsam. Die Industrie fordert hingegen längere Übergangsfristen.

Mikroplastik wurde weltweit in Ozeanen, Flüssen und Seen, im Grundwasser, in landwirtschaftlichen Böden, im Regen auf abgelegenen Berggipfeln, in der menschlichen Nahrungskette und jetzt in der menschlichen Plazenta gefunden.

Schon lange diskutiert die Europäische Union über eine Verringerung des Eintrags von Mikroplastik in die Natur. Im Auftrag der Europäischen Kommission arbeitete die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Beschränkungsvorschlag für absichtlich zugesetzte Kunststoffpartikel aus, der im Jänner 2019 veröffentlicht wurde.

Das von der ECHA vorgeschlagene Konzept sieht vor, dass über einen Zeitraum von 20 Jahren die Freisetzung von 500.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt verhindert wird. Ein EU-weiter Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik wird eine breite Palette von Produkten betreffen. Zu den massiv betroffenen Industriezweigen zählen auch die Kosmetik-Hersteller.

Welche Mikroplastik-Bestandteile nicht mehr in Kosmetikprodukten verwendet werden dürfen und wann der Ausstieg passieren muss, dazu laufen die Verhandlungen noch.

Es zeichnet sich ab, dass die geplante EU-Maßnahme den Kosmetik-Herstellern vier Jahre Zeit geben wird, um absichtlich zugesetzte, nicht biologisch abbaubare Mikroplastikpartikel aus abspülbaren Produkten zu entfernen. Sofort verboten werden sollen jedoch Mikrokügelchen. Für Mikroplastik in Leave-on-Produkten, die auf der Haut verbleiben, ist eine sechs Jahre lange Übergangsfrist in Diskussion.

Die Plastic Soup Foundation und gleichgesinnte NGOs halten diese Übergangsfristen für zu lang. Sie führen ins Treffen, dass die derzeitigen Alternativen auf dem Markt ausreichen, um mikroplastische Inhaltsstoffe in kosmetischen Produkten zu ersetzen.

Der Handelsverband Cosmetics Europe hingegen sagt, dass – basierend auf konservativen Schätzungen – mehr als 13.000 kosmetische Rezepturen von der von der ECHA vorgeschlagenen Beschränkung betroffen wären. Eine große Mehrheit dieser Produkte enthält bis zu sechs verschiedene Sorten Mikroplastik, deren Funktion für die Produktarchitektur entscheidend sei, so die Gruppe.

In seinen Kommentaren an den Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC) der ECHA drückt der Handelsverband Cosmetics Europe seine Enttäuschung darüber aus, dass in der SEAC-Stellungnahme keine verlängerten Übergangsfristen für andere kosmetische Produkte empfohlen werden.

Angesichts der Komplexität von Leave-on-Formulierungen, des Mangels an geeigneten Alternativen und des komplexen, kostspieligen und langwierigen Umformulierungsprozesses wird beklagt, dass die vorgeschlagene Übergangsfrist von sechs Jahren kein realistischer Zeitrahmen sei. Tausende Produkte müssten innerhalb dieses Zeitraums neu formuliert werden, um den Verbrauchern jene Produkte, die sie schätzen und gerne verwenden, weiterhin zur Verfügung stellen zu können.

Ein Änderungsentwurf zu Anhang XVII (beschränkte Stoffe) der Verordnung über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) der EU wird von der Kommission im ersten Halbjahr 2021 erwartet.

Diskussionen und eine Abstimmung zwischen den Behörden der EU-Mitgliedstaaten werden folgen, bevor der Vorschlag zur Beschränkung von Mikroplastik vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft wird. Es wird damit gerechnet, dass die Mikroplastik-Beschränkung Ende 2021 oder 2022 verabschiedet werden könnte.

Für die Kosmetikindustrie könnten dabei fast 80% der Gesamtkosten anfallen, die wegen der EU-weiten Beschränkungen entstehen werden. Und das obwohl nur 2% der Mikroplastikemissionen auf Kosmetikprodukte entfallen.

Dies wirft die Frage auf: Welche Höhe der Geschäftskosten ist noch akzeptabel?