Krank, aber nicht hilflos: Wie Self Care wirkt

94% der Österreicher:innen leiden mindestens einmal im Jahr an einer leichten Erkrankung. 71% behandeln solche Beschwerden selbst.

Von Allergie bis Zeckenbiss: Das Spektrum der leichten Erkrankungen ist breit. Am häufigsten sind die Österreicher:innen laut einer Studie der Spectra Marktforschung[1] von Rückenschmerzen betroffen. 57% der Befragten gaben an, im vergangenen Jahr unter Rückenschmerzen gelitten zu haben.

Auch Kopfschmerzen sind weit verbreitet: 54% der Österreicher:innen leiden mindestens einmal im Jahr darunter, und zwar Frauen (62%) noch häufiger als Männer (46%). Auf Platz 3 der Top 10 Erkrankungen liegt der Schnupfen, gefolgt von Erkältung/grippaler Infekt, Nackenschmerzen, Durchfall, Husten, Halsschmerzen und Schlafstörungen. Selbst Insektenstiche erwischen jährlich fast drei von zehn Österreicher:innen mindestens einmal und rund ein Fünftel leidet unter Sodbrennen oder Allergien wie z. B. Heuschnupfen.

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Quelle: Marketingreport. Die Self Care-Kompetenz der ÖsterreicherInnen. Spectra Marktforschung, 2022. Folgende Frage wurde gestellt: „Denken Sie bitte an das letzte Jahr: Hatten Sie da eine oder mehrere der folgenden Beschwerden und/oder leichten Erkrankungen?“

Der Katalog der leichten Erkrankungen umfasst noch weitere Leiden wie Verstopfung, Lippenherpes, Warzen oder Kopfläuse. Nur sechs Prozent der von Spectra Befragten gaben an, im vergangenen Jahr an keiner von 31 namentlich genannten oder anderen leichten Erkrankungen und Beschwerden gelitten zu haben.

Im Rahmen einer aktuellen Studie des britischen Self Care Verbandes PAGB wurde festgestellt, dass viele Menschen mehrmals pro Jahr selbst behandelbare Erkrankungen erleben. Die Umfrage ergab, dass über zwei Drittel der Britinnen und Briten im vergangenen Jahr dreimal oder noch öfter an selbst behandelbaren Krankheiten litten. 7% berichteten sogar über mehr als zehn solcher Erkrankungsfälle.[2]

Der erste Schritt bei leichten Erkrankungen

In Österreich wurde von den Spectra-Marktforscher:innen erhoben, was die Österreicher:innen als Erstes unternehmen, wenn sich eine leichte Erkrankung bemerkbar macht. Dabei zeigte sich, dass 71% der Befragten bei vielen leichten Beschwerden als ersten Schritt die Selbstbehandlung wählen. Sie tun dies am häufigsten bei Schnupfen, Kopfschmerzen, Erkältungssymptomen, Rückenschmerzen, leichten Schnittwunden und Lippenherpes.

45% gaben an, bei leichten Beschwerden einen Hausarzt aufgesucht zu haben. 26% holten sich Rat bei einem Facharzt und weniger als ein Viertel kontaktierte eine Apotheke. Immerhin 9% wurden in einer Spitalsambulanz vorstellig.

Die Gesundheitshotline 1450 wurde übrigens nur von 2% angerufen.

49% der Befragten gaben an, bei bestimmten leichten Beschwerden zunächst gar nichts zu tun und abzuwarten. Das trifft besonders häufig auf Symptome wie Nervosität und innere Unruhe, Durchfall oder Verstopfung, Schlafstörungen und Insektenstiche zu.

Consumer Health Care als bewährte Maßnahme

Selbstbehandlung durch Self Care und Consumer Health Care ist somit schon jetzt bei vielen leichten Erkrankungen eine bewährte erste Maßnahme.

34% der Menschen gaben an, Rückenschmerzen zunächst selbst zu behandeln, 62% tun dies bei Kopfschmerzen, 54% bei Schnupfen und ebenso viele bei Halsschmerzen, 43% bei Husten, 42% bei Erkältung oder grippalen Infekten, 41% bei Durchfall und 38% bei Nackenschmerzen.

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Warum Menschen die Selbstbehandlung bevorzugen

Spannend ist auch zu klären, warum sich Betroffene bei leichten Beschwerden für die Selbstbehandlung entscheiden.

Das Spectra Markforschungs-Team fand heraus, dass 66% jener Österreicher:innen, die ihre Beschwerden grundsätzlich selbst behandeln, dabei auf ihre eigenen guten Erfahrungen mit Self Care und Consumer Self Care vertrauen. Zwei Drittel dieser Gruppe stimmten nämlich der Aussage zu, „Ich hatte die Beschwerden schon einmal und weiß, wie ich diese selbst behandeln kann“. 58% der mit Selbstbehandlung Vertrauten gaben an, dass sie überzeugt gewesen seien, ihre Beschwerden auch ohne Unterstützung eines Arztes oder einer Apotheke behandeln zu können.

Interessant ist, dass in Österreich in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sogar 63% der Befragten der Meinung waren, bei leichten Erkrankungen nicht der Hilfe eines Arztes oder Apothekers zu bedürfen.

In der bereits erwähnten britischen Studie gaben hingegen nur 32% der Befragten in der jüngsten Altersgruppe (18 bis 24 Jahre) an, dass sie sich lieber zu Hause selbst behandeln oder den Rat einer Apotheke einholen würden, anstatt einen Hausarzt oder eine Notaufnahme aufzusuchen.

Mit leichten Beschwerden: zum Arzt oder in die Apotheke?

In Österreich vertrauen laut der Spectra Marktforschungsstudie 54% der Menschen auf die Apotheke vor Ort als erste Anlaufstelle bei leichten Erkrankungen und Beschwerden. Wer nicht in die Apotheke geht, greift lieber zu Hausmitteln, geht zum Arzt, um abzuklären, ob es sich um eine ernste Erkrankung handelt, oder sucht bei Erkrankungen grundsätzlich direkt den Arzt auf.

Vielen Österreicher:innen ist übrigens bewusst, dass sie durch aktive Self Care und Consumer Health Care Arztpraxen und Spitalsambulanzen entlasten können. Vier Fünftel stimmten im Rahmen der Spectra Studie folgender Aussage zu: „Als Patient sollte man sich an Ärzte und Spitalsambulanzen nur dann wenden, wenn dies unbedingt erforderlich ist.“ Und 83% meinten: „Jeder Einzelne sollte mehr Verantwortung für seine eigene Verantwortung übernehmen, um das Gesundheitssystem zu entlasten.“

Tipp:

Dieser Blogbeitrag ist Teil 2 einer dreiteiligen Serie. Lesen Sie auch meinen ersten Blogbeitrag mit dem Titel „Warum wir Self Care zur Priorität Nr. 1 machen müssen“ hier. In Teil 3 geht es um die Einstellungen der Menschen zur Self Care und um das Vertrauen in den freien Zugang zur Self Care.

[1] Marketingreport. Die Self Care-Kompetenz der ÖsterreicherInnen. Entwicklungen und Trends 2022. Spectra Marktforschung

[2] The Self-Care Census 2024: Consumer trends in self-treatable conditions, confidence and access. Quelle: www.pagb.co.uk/content/uploads/2024/07/Self-Care-Census-Report-2024_FINAL.pdf