Die neue EU Verpackungsverordnung ist Teil des European Green Deal. Künftig wird es darum gehen, ob Verpackungen wiederverwendbar und recyclingfähig sind.
Die europäische Verpackungsrichtlinie aus 1994 ist in die Jahre gekommen. Deshalb brachte die Europäische Kommission die neue EU Verpackungsverordnung auf Schiene, alle drei EU-Instanzen haben sich im Frühjahr 2024 im Trilog-Verfahren auf einen Verordnungstext geeinigt. Die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU wird für September 2024 erwartet, danach sind die neuen Regelungen automatisch in allen EU Mitgliedsstaaten gültig.
Was kommt da auf die Self Care Industrie zu?
Künftig werden nur mehr Produkte mit Verpackungen, die der neuen Verordnung entsprechen, am Unionsmarkt vertrieben werden dürfen. Im Fokus stehen die Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialen und die Verpflichtung zum Rezyklateinsatz.
Was ist unter Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu verstehen?
Alle Verpackungen müssen künftig recyclingorientiert gestaltet und großmaßstäblich recyclingfähig sein. Damit ist gemeint, dass die Verpackung in allen Bestandteilen nach dem Stand der Technik gesammelt, sortiert und recycelt werden kann. „Großmaßstäblich“ sind diese Prozesse, wenn sie die Verpackungsabfälle von mindestens 75% der Bevölkerung der Europäischen Union abdecken.
Welche Fristen gelten?
Ab 1. Jänner 2030 dürfen Verpackungen nicht mehr auf dem Markt gebracht werden, wenn die Recyclingfähigkeit nicht mindestens 70% beträgt
Ab 1. Jänner 2038 muss eine mindestens 80-prozentige Recyclingfähigkeit erreicht werden, sonst droht ein Vertriebsverbot.
Welche Rezyklat-Mindestquoten werden gelten?
Ab 2030 gelten für die Verwendung von recycelten Materialien, die aus Verbraucher-Kunststoffabfällen zurückgewonnen wurden, folgende Mindestquoten:
- Direkte (kontaktempfindliche) Verpackungen, die hauptsächlich aus PET-Materialien bestehen: mindestens 30% Rezyklat.
- Direkte (kontaktempfindliche) Verpackungen aus anderen Kunststoffmaterialien als PET: mindestens 10% Rezyklat.
- Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff: mindestens 30% Rezyklat.
- Alle andere Kunststoffverpackungen: mindestens 35% Rezyklat.
Ab 2040 gelten für die Verwendung von Rezyklat folgende Mindestquoten:
- Direkte (kontaktempfindliche) Verpackungen, die hauptsächlich aus PET-Materialien bestehen: mindestens 50% Rezyklat.
- Direkte (kontaktempfindliche) Verpackungen aus anderen Kunststoffmaterialien als PET: mindestens 25% Rezyklat.
- Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff: mindestens 65% Rezyklat.
- Alle andere Kunststoffverpackungen: mindestens 65% Rezyklat.
Die gute Nachricht: Alle gängigen Faltschachteln für OTC-Präparate bestehen bereits zu mindestens 90% aus Recyclingmaterial. Bei den Blistern ist allerdings Handlungsbedarf gegeben.
Tipp: Bei den Blister-Herstellern liegen Daten zur Recyclingfähigkeit und Verwendung von Rezyklat auf.
Gibt es Ausnahmen?
Die Verpflichtung zum Rezyklateinsatz soll insbesondere für folgende Produktgruppen aufgehoben werden:
- Direkte Verpackungen von Humanarzneimitteln und Tierarzneimitteln.
- Kontaktsensitive Plastikverpackungen von Medizinprodukten und Produkten, die ausschließlich für Forschungszwecke bestimmt sind.
- Kontaktsensitive Plastikverpackungen von In-vitro-Diagnostika.
- Äußere Verpackungen von Humanarzneimitteln und Tierarzneimitteln, wenn diese für die Qualitätssicherung erforderlich sind.
- Kontaktsensitive Plastikmaterialien für Babynahrungen und spezielle medizinische Zwecke.
- Transportverpackungen für Gefahrengüter.
Welche Regeln werden für die Reduktion von Verpackungen gelten?
Ab 1. Jänner 2030 muss sichergestellt werden, dass die Verpackungen auf das nötigste Mindestmaß reduziert wird, das erforderlich ist, um die Funktion zu gewährleisten. Davon sind z. B. auch Leerblister von Arzneimitteln betroffen, die in der Standardgröße z. B. für zehn Kapseln Platz bieten, aber vom Hersteller mit nur zwei Kapseln befüllt werden.
Der Leerraumanteil darf künftig bei Umverpackungen, Transportverpackungen und Verpackungen im Onlinehandel nur mehr maximal 50% betragen.
Was schreibt die neue Verordnung hinsichtlich „Ewigkeitsmaterialien“ vor?
Die EU Verpackungs-Verordnung verschärft die Anforderungen an Stoffe, die in Verpackungen enthalten sind. Das Inverkehrbringen von Verpackungen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen und per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) oberhalb bestimmter Schwellenwerte enthalten, wird eingeschränkt. Diese Vorgaben betreffen auch Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und In-Vitro-Diagnostika.
Wie wird die „Plastiksteuer“ in Österreich umgesetzt?
2021 führte die EU eine Plastikabgabe in der Höhe von 0,80 Euro pro Kilogramm nicht recyceltem Plastikmüll ein, die seither von den EU-Mitgliedsstaaten an die EU bezahlt werden muss. Es liegt in der Entscheidung jedes Staates, ob diese Abgabe aus den staatlichen Mitteln bezahlt, oder auf die Hersteller oder Konsument:innen umgelegt wird.
Österreich bezahlt für die Plastikabgabe pro Jahr 210 Millionen Euro an die EU. Eine Herstellerabgabe für nicht rezyklierte Kunststoffverpackungen ist derzeit in Österreich kein Thema. Die Höhe der Abgabe und die betroffenen Produkte sind in unserem Nachbarland noch in Absprache. In Spanien wurden Arzneimittel und Medizinprodukte von einer Plastikabgabe ausgenommen.
In Deutschland werden Hersteller und Importeure frühestens ab 1. Jänner 2025 eine Plastikabgabe bezahlen müssen.