Die Urban Waste Water Treatment Directive ist fix: Hersteller von Humanarzneimitteln und kosmetischen Mitteln sollen mindestens 80% der Kosten für die 4. Reinigungsstufe bei Kläranlagen finanzieren. Lesen Sie hier, was auf die Branche zukommt.
Nach einer Korrekturrunde wurde die neue Kommunalabwasser-Richtlinie Anfang Oktober 2024 vom Parlament bestätigt. Aller Voraussicht nach wird die finale Annahme durch den EU-Rat Anfang November stattfinden. Im Anschluss wird die Richtlinie im Amtsblatt der EU publiziert und tritt 20 Tage danach in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt muss die Richtlinie national umgesetzt werden. In Bezug auf die 4. Reinigungsstufe für kommunales (nicht industrielles) Abwasser und die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) muss dies binnen drei Jahren passieren.
Drei Jahre Zeit, um auf nationaler Ebene Organisationen zu schaffen, die mit dem Geldeintreiben im Sinne der EPR vertraut sind. Drei Jahre, um zu wissen, welche Stoffe schädlich – im Sinne der Richtlinie – sind und insbesondere auch, wie schädlich sie sind. Drei Jahre, um zu prüfen, ob Stoffe (Substanzen) oder Produkte biologisch abbaubar sind, obgleich aktuell noch nicht bekannt ist, welche Prüfvorgaben dafür herangezogen werden sollen.
Die Folgen der neuen Regeln könnten dramatisch sein. Offen ist, welche (möglicherweise kritischen) Arzneimittel aufgrund von Unrentabilität von den Herstellern nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Offen ist auch, wie sich die neuen Verpflichtungen auf die Medikamentenpreise für die Konsument:innen auswirken werden.
Die Liste an Fragen ist lang und die Uhr tickt. Auf eine ganze Reihe von Fragen gibt es derzeit keine Antwort. Dennoch kann sich die Consumer Health Care Branche an bestimmten Strategien zur Implementierung der neuen Vorschriften orientieren.
Im Folgenden finden Sie einen groben Überblick darüber, was nun tatsächlich im Sinne der Richtlinie umgesetzt werden muss und was möglicherweise auf nationaler Ebene getan werden kann:
- Die Hersteller der betroffenen Branchen müssen zwar den Großteil aber nicht die vollständigen Gesamtkosten bezahlen:
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- Fest steht, dass mindestens 80 % der Kosten von den Herstellern getragen werden müssen.
- Auf nationaler Ebene sollten Anstrengungen unternommen werden, die restlichen (möglichen) 20 % aus anderen Quellen zu finanzieren. Gerade bei diesem Punkt ist die Beleuchtung der Arzneimittelversorgung von essenzieller Bedeutung. Jede weitere finanzielle Belastung der Arzneimittelhersteller muss im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Versorgungssicherheit abgewendet werden.
- Die betroffenen Branchen müssen nicht alle Arten von Kosten tragen:
Auf die Hersteller kommen folgende Kosten zu:
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- Kosten für die Errichtung und Instandhaltung der 4. Klärstufe.
- Kosten für die Überwachung / das Monitoring von Mikroschadstoffen
- Außerdem die Kosten für Datenerhebung und -überprüfung über in Verkehr gebrachte Produkte.
Die Hersteller werden aber nicht die Energiekosten bezahlen müssen.
- Die Höhe der zu bezahlenden Kosten ist abhängig von der Gefährlichkeit („hazardousness“) und der in Verkehr gebrachten Menge der Substanzen, nicht jedoch von den Produktkosten selbst. Das bedeutet wiederum, dass die Auswirkungen auf günstigere Produkte um ein Vielfaches größer sein wird als bei teuren Produkten, bei gleicher Gefährlichkeit und in Verkehr gebrachter Menge.
- Es besteht die Möglichkeit, weitere Branchen in die erweiterte Herstellerverantwortung einzubeziehen:
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- Die Richtlinie sieht vor, dass Hersteller von Humanarzneimittel und Kosmetika auf jeden Fall die Verantwortung übernehmen sollen, räumt aber auf nationaler Ebene die Möglichkeit ein, weitere Branchen in diese Verantwortung einzubeziehen.
- Durch die Ausweitung auf weitere Branchen ist es möglich, den Impact auf weitere Hersteller auszuweiten und dadurch die individuellen Kosten zu senken.
- Hierfür bedarf es weiterer Daten, welche sonstigen Stoffe noch im Abwasser zu finden sind und welchen Branchen diese Stoffe zuzuordnen sind. Denn schon jetzt ist klar, dass – entgegen nicht nachvollziehbaren Behauptungen der Europäischen Kommission – nicht 66 % der im Abwasser gefundenen Mikroschadstoffe von Humanarzneimitteln stammen.
Wie bereits erwähnt, ist die Verwirrung rund um die konkrete Implementierung einzelner Aspekte nach wie vor groß und wird wohl erst durch weitere ergänzende Rechtsakte seitens der Kommission verringert werden. Dennoch sollte sich die Branche der Humanarzneimittel-Produzenten schon jetzt mit möglichen nationalen Umsetzungsstrategien und -möglichkeiten auseinandersetzen, um in einem ersten Schritt die weitreichenden Folgen dieser Richtlinie einschätzen zu können.
Für weiterführende Informationen und Updates zu diesem Thema steht IGEPHA gerne zur Verfügung. Unsere Mitglieder und Partner können sich mit Fragen oder Anregungen direkt an uns wenden. Bleiben Sie informiert über die Entwicklungen rund um die Kommunalabwasserrichtlinie und deren Auswirkungen auf unsere Branche.
Dies bezüglich veranstalten wir eine Infoveranstaltung am Mo., 11. Nov. 2024 von 10:00 – 11:00 Uhr und eine weitere am Do., 12. Dez. 2024 von 09:00 – 11:00 Uhr.